Von Armacão de Pera nach Martinchel (Tomar)

Es mag etwas überheblich klingen – aber wir sehnen uns, nach so vielen Wochen Sonnenschein, nach einem grauen Regentag. Einmal nicht überlegen zu müssen, was wir denn heute anschauen könnten, keine Entscheidung treffen zu müssen ob Laufen oder Radfahren angesagt ist. Einfach nur den lieben langen Tag im Camper sitzen und dem Tropfenkonzert auf dem Autodach zuhören und die aufgestauten Pendenzen zu erledigen. Aus der Heimat erreichen uns Nachrichten vom grossem Schneefall – fast einen Meter Neuschnee soll es gegeben haben. Beruhigend zu wissen, dass Döle die Schneemassen wegräumt und uns den Rücken frei hält. Obrigado Döle! Somit also doch lieber Sonnenschein, 20 Grad und den Blick in die Ferne gerichtet!

Wir verlassen Armacão de Pera und fahren über Benagil und Portimao nach Lagos. Natürlich gehört zu einer Algarvetour ein Abstecher an die Ponta da Piedade. Hier stehen sie, die berühmten Felstürme, die mächtigen Algarve-Wahrzeichen, und laden ein zu ausgedehnten Fotosafaris hoch oben auf der Steilküste, oder zu den einsamen Stränden und zu den von Stürmen ausgewaschenen Höhlen. Auf der landschaftlich reizvollen Weiterfahrt nach Westen verlassen wir allmählich die Tourismushochburgen und setzen in Vila do Bispo den Blinker nach Links in Richtung Sagres. Vom Camping in Sagres lassen sich die Highlights wie Cabo de São Vicente, Ponta de Sagres und das Fortaleza de Sagres bestens mit dem Bike, zum Teil auch auf dem berühmten Küstenwanderweg, dem Fishermanstrail / Rota Vicentina, erkunden. Am Cabo de São Vicente, dem südwestlichsten Zipfel von Portugal zeigt nun unsere Kompassnadel Richtung Norden. Viele Stichstrasse führen von der Haupstrasse 120 an die Küste zu den unzähligen Traumstränden der rauhen Westküste. Wir haben uns für die Praia da Bordeira Carrapetaira und die Praira da Amoreira entschieden. Fazit: absolut der Hammer!

Schon von weitem sieht man, etwas im Landesinneren, den Gipfel von Foja (902 müM.) umringt von den grünen Hügeln von Monchique. Als alte Bergler natürlich nichts wie rauf auf den Berg um den schier endlosen Blick über Südportugal zu geniessen. Als Übernachtungsmöglichkeit bietet sich der Parque Rural de Auto-Caravana im Vale da Carraqueira an. (N 37° 27′ 656» / W 8° 54′ 310») Wohl einer der schönsten Plätze wo wir bis jetzt übernachtet haben. Dieser Stellplatz soll aber ein Geheimtipp bleiben – also nicht weitersagen! Auf endlosen Serpentinen, landschaftlich jedoch sehr schön, geht die Fahrt Richtung Norden bis Santa Clara a-Velha um dann rechts weg bis zur Staumauer vom Barragem de Monte de Rocha zu fahren. Die Wasserstände der Stauseen in der ganzen Gegend sind weit weg von dem, den sie zu dieser Zeit haben sollten. Die Wintermonate waren bis jetzt sehr trocken. Die Regierung befürchtet dass es im Frühjahr und Sommer zu Engpässen mit der Wasserversorgung kommen kann.

Unser nächstes Ziel, die Nossa Senhora da Cola erreichen wir über eine Schotterstrasse die wir gemäss Karte so nicht erwartet hatten. Bei nasser Farbahn empfehlen wir vom Befahren dieser Strecke ab! Über Ourique gehts dann zügig weiter bis nach Castro Verde. Ein wirklich hübsches kleines Städtchen wo es sich lohnt einen ausgiebigen Stadtrundgang zu unternehmen. (Windmühle). Nun geht es wieder Richtung Osten nach Mértola am Rio Guadiana gelegen, und die selbsternannte Jagdsport-Haupstadt von Portugal. Nach dem Erklimmen der Burg und dem Genuss der schönen Aussicht auf die weisse Stadt, verlassen wir Mértola auf der Strasse N265 und gondeln im Grenzgebiet zwischen Portugal und Spanien nach Mina de São Domingos. Zahlreiche Storchennester auf Bäumen und Telefonmasten säumen die schön zu fahrende Landstrasse. Durch das riesige, stillgelegte Minenareal von Mina de São Domingos führt eine gut befahrbare (auch mit dem Mountainbike) Schotterpiste zu den vom Zerfall gezeichneten Industrieruinen vom damaligen Kupfererztagebau. Auch ist die sehenswerte, unterdessen mit Wasser vollgelaufene Grube ist vom Stadtrand zu Fuss gut zu erreichen.

Und wieder nordwärts geht es nun nach Serpa. Wahrzeichen des historischen Städtchens ist ein Äquadukt welches hoch über dem Boden zur mächtigen Burg führt. Ein luftiger Spaziergang auf der Stadtmauer öffnet den einmaligen Blick über ganz Serpa und die fruchtbare, mit Feldern und Plantagen übersäte Umgebung. Und weiter Richtung Norden führt unser Weg über Moura bis zur gigantischen Staumauer des Barragem do Alqueva. Mit einer Ausdehnung von 250 Quadratkilometer und einer Länge von 85 Kilometer ist er der grösste Stausee von Portugal. Auf herrlicher Landstrasse gondeln wir – cruisen vom Feinsten! – zuerst nach Luz um anschliessend hinauf nach Monsaraz zu fahren. Das schon von weitem sichtbare, hoch oben auf einem Hügel gelegene Dorf mit grandioser Aussicht, ist wohl eines der schönsten im Alentjeo. Wir beschliessen den abwechslungsreichen Tag, weiter im Norden, auf dem gemütlichen Camping nahe Rosário und werden hier ein paar Tage Station machen und die Ruhe geniessen.

Die Weiterfahrt richtung Norden nach Elvas lohnt sich schon wegen dem gigantischen Äquadukt mit seinen über 800! gemauerten Bögen. Innerhalb der Mauern vom Bollwerk lässt es sich angenehm durch die verwinkelten Gassen schlendern. Als nächstes erwartet uns die «Marmor-Strasse» in der Gegend von Vila Vicosa, Borba und Estremoz. Schon von weitem sieht man die überdimensionalen Abbauhalden. Die Gegend ist bekannt für den Abbau von sehr hochwertigem Marmor. Leider ist der freie Zutritt zu den eindrücklichen Steinbrüchen kaum mehr möglich. Drohne sei Dank konnten wir aber trotzdem einen Blick hinein werfen. Es geht nun wieder westwärts über Alandroal und Redondo nach Evora, einer antiken Stadt die zum UNESCO Welterbe gehört. Als nächster Höhepunkt steht Lissabon auf dem Fahrplan. Als Ausgangspunkt installieren wir uns auf dem Camping in Vila Franca de Xira. Von hier aus fahren regelmässig Züge nach Lissabon. 3 Tage Zeit sollte man sich schon nehmen um die weitläufige Stadt mit ihren unzähligen Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Wir verlassen Vila Franca und fahren gen Süden bis Alcácer do Sal um dann rechts weg nach Carrasqueira im Mündungsbebiet des Rio Sado zu gelangen. Hier befinden sich die ganz besonderen Cais Palafitico – ein kleiner Fischerhafen auf fragilen hölzernen Stelzen gebaut, und absolut einzigartig in Europa. (Tip: Besuchen sie den Ort bei Flut, ansonsten die ganze Anlage nur im Schlick zu sehen ist) Mit der Autofähre setzen wir dann von Tróia über nach Setubal und beenden den Tag auf dem Camping in Cascais. Hier ist der perfekte Ausgangspunkt um mit dem Velo an die berühmte Praia Guincho zu gelangen und die Küstenstrasse nach Cascais zu geniessen.

Über das nächste Ziel haben wir schon viel gehört und gelesen – Sintra UNESCO Wektkulturerbe – lassen wir uns überraschen ob die vielen Lobgesänge über die Stadt auch uns überzeugen werden. Schon mal vorweg; die Parkplatzsituation rund um den Bahnhof ist eine echte Herausforderung! Erste Station: Der Nationalpalast mit seinen 2 Riesenkaminen. Dann, durch die engen Gassen mit ihren Souveniershops, wandern wir hinauf Richtung Burg.  Ein Tuk Tuk Fahrer hat uns dann aber (glücklicherweise) überzeugt, dass es sinnvoller ist, sich von ihm auf den Berg fahren zu lassen. Man kann sich streiten ob der Palast von Pena nun Kitsch oder Kunst ist. Vermutlich ein wenig von Beidem – jedoch sehr beeindruckend anzuschauen und zu erkunden. Durch das Valley of the Lakes führt ein gemütlicher Spaziergang durch grüne Gärten hinunter Richtung dem Castelo dos Mauros das hoch über Sintra trohnt. Über unzählige Treppenstufen und Serpentinen erreicht man dann wieder das Centro Histórico. Unser Fazit zu Sintra: Wird über seinem Wert gehandelt. Wenn ja, dann nur in der Zwischensaison!

Auf dem Weg zurück an die Atlantikküste über Ericeira und Torres Vedras machen wir Halt bei unseren Aroser Freunden Idalina und Erwin Koller in Turcifal. Herzlichen Dank für die symphatische Einladung zum Lunch! In Santa Cruz sind sie dann wieder zu hören, die gigantischen Wellen die der Atlantik ungebremst an die portugisische Küste wirft. Um noch mehr von diesem eindrücklichen Schauspiel zu sehen, und vor allem die gigantischen Monsterwellen einmal live zu sehen, gondeln wir auf aussichtreichen Nebenstrassen entlang der Küste nach Nazaré, an die weltberühmte Praia de Nazaré. Monsterwellen? Nada! aber egal, wir sind ja nicht zum surfen gekommen.

Nun heisst es für ein Weile Abschied nehmen von der Westküste. Wir wollen das Landesinnere erkunden und fahren ostwärts nach Batalha mit seinem einmaligen Kloster, um dann, über Tomar nach Martinchel am Barragem de Castelo de Vide zu gelangen. Auf dem Camping neben der imposanten Staumauer wird es nun, bei einem kühlen Bier, eine Teamsitzung geben um die Weiterfahrt grob zu planen. Jedoch machen die traurigen Ereignisse in der Ukraine sprachlos und auch wütend. Kaum ist Covid nicht mehr das dominierende Tagesthema, so müssen wir schon wieder Angst haben was auf uns zukommen wird.

alles Fotos zum Bericht findest du hier

 

VIVA LA STRADA